Für die Bordbibliothek
Arved Fuchs: Durch Sturm und Eis: Meine Expeditionen mit der DAGMAR AAEN
(Delius Klasing, 1. Aufl. 2021. 160 Seiten, 115 Fotos und Abb. - ISBN 978-3-667-12221-6, 29,90 €)
Die einprägenden Fotografien sind das Beste an diesem Buch, sie zeigen die Schönheit, aber auch die Empfindlichkeit der Arktis und Antarktis gegen Störungen.
Die Seereisen wären ohne den Bau der Dagmar Aaen 1931 für den ursprünglichen Einsatz als Fischkutter im Nordatlantik nicht möglich gewesen. Im Kapitel über den „Haikutter“ wird die Geschichte und der Bau der Schiffe sehr plastisch geschildert, trotz starker persönlicher Prägung bleibt die Sprache hier sachlich. Dies gilt ebenso für das Kapitel über die Reederei Aaen. Angenehm zu lesen sind ebenfalls die eingestreuten Erzählungen der Crewmitglieder, mit farblich abgehobenen Seiten.
In seinen Schilderungen wird’s auch gelegentlich umweltpolitisch, so im Kapitel „Rund Amerika unterwegs“. Dort berichtet er über die Proteste gegen die Atomtests Frankreichs auf dem Atoll Mururoa im Südpazifik, an denen die Crew aktiv teilnahm. Das Verhalten der französischen Behörden wird aus Greenpeace-Sicht engagiert geschildert.
Die soziale Abneigung von Arved Fuchs gegenüber Charterseglern kommt in manchen Texten zum Ausdruck, wie z.B. „makellose weiße Segelkleidung“ (haben doch unsere Altvorderen getragen). Auch haben die anderen segeltechnisch aufgerüstet (Rollsegel), andererseits führt sein Schiff die aktuelle Technik: GPS, Radar und Satellitentelefon (publikumswirksam z.B. die Übertragung von einer Eisscholle zu einer TV-Morgenshow).
Bei seinen Schilderungen der Fahrt über die NW-Passage (1993 und 2003/2004) reibt sich der Autor mit seiner Kritik an den Vertretern der russischen Administration auf: „Nase voll von korrupten Beamten“, „autoritäres und korruptes Verhalten russischer Hafenmeister“. Man fragt sich, warum er überhaupt den Weg über die NW-Passage wählte? Eine Begründung ist nicht erkennbar. Es sei denn, die Dagmar Aaen sollte den Kreuzfahrschiffskapitänen zeigen, was aufgrund des Klimawandels möglich ist. Und einige haben dies schon getan. Die gezeigte Möglichkeit zur NW-Passage erlaubt den angrenzenden Staaten die Hoffnung auf neue Seewege von Asien nach Europa und vor allem die Ausbeutung riesiger Bodenschätze.
Einige Fragen bleiben leider unbeantwortet: Einmal, wie und womit wird an Bord geheizt? Zum anderen, wie funktioniert eigentlich der Dieselnachschub auf den wochenlangen Reisen? Und wie wird mit dem (Rest-)Müll umgegangen? Wohin gehen die Abwässer vom Schiff?
Die Atlantic Rally for Cruisers (ARC) ist bekannt. Auf den Spuren von Christopher Columbus segeln mit dem ARC Fahrten- und Regattasegler seit vielen Jahren über den Atlantik. Was, wenn diese Segler und Seglerinnen den gleichen Anspruch auf seglerische Aktivitäten wie die von Arved Fuchs erheben?
Dr. Rainer Didszuhn
(Der Verlag bietet eine Leseprobe auf seiner Website an.)
Dominic Walliman: Professor Astrokatz Reise in die Tiefsee / Illustrationen von Ben Newman
(NordSüd Verl., 1. Aufl. 2021. 69 Seiten, überwiegend Ill. - ISBN 978-3-314-10558-6, 23 €)
Wer mit Sachbuchklassikern à la „Was ist was“, v.a. der 1970er-Jahre, üppig mit Fotografien beladenen Bänden (i.e. Übersetzungen) aus dem Hause Dorling Kindersley vor der Jahrtausendwende oder auch den realitätsnah und meist sehr detailliert gezeichneten „Wieso? Weshalb? Warum?“-Büchern der letzten 25 Jahre aufgewachsen ist, den wird der Anblick der „Professor Astrokatz“-Serie zunächst einmal verwundern.
Die Größe und das quadratische Format (29 x 29 cm), das der Nord-Süd-Verlag gewählt hat, fallen auf. Noch viel mehr stechen aber die Farben, die ungewohnt plakative Gestaltung und die bisweilen recht kantige Formengebung ins Auge. Auf der Homepage des Illustrators steht, Ben Newmans Stil werde als „Bauhaus fuzzy felt“ beschrieben. Bauhaus im Flauschfilz-Pelz also. Wenn man darunter eine Reduktion auf das Wesentliche, klare Linien und geometrische Formen in fröhlich bunter Anmutung versteht, trifft das auf den vorliegenden Astrokatz-Band durchaus zu. Wer späterhin „Minecraft“ spielt, erlebt vielleicht ein Déjà-vu. Da aber inzwischen durchschnittlich jedes zweite Kind im Alter zwischen 9 und 11 Jahren zu den „Minecraft“-Spielern zählt, könnte sich die gestalterische Annäherung auch verkaufsfördernd auf die Sachbuchreihe auswirken.
Die Inhalte – von der Uferzone bis in den Marianengraben und von der Antarktis bis in die Arktis – sind jedenfalls vielfältig und inhaltlich anspruchsvoll genug, um auch ein Publikum im fortgeschrittenen Grundschulalter zu unterhalten und inhaltlich zu überraschen. Oder wussten Sie, dass sich ein Blobfisch in schmierigen Matsch verwandelt, sobald er aus dem Wasser gefischt wird? Der Autor, Dr. Dominic Walliman, Physiker und Informatiker, der sein profundes Wissen nicht nur über die Astrokatz-Serie an das Kind bringt, sondern als YouTuber auch noch den Channel Domain of Science bespielt, begeistert sowohl mit vielen spannenden Wissensdetails, versäumt es aber auch nicht, vor den Gefahren zu warnen, die von Plastikmüll, Überfischung, Ölverschmutzung, einem zunehmenden Säuregehalt des Meerwassers etc. ausgehen.
Alles in allem ein ausgewogenes, attraktives Buch, das vermutlich zwar keine zuverlässige Bestimmung bestimmter Quallen am Strand ermöglicht, aber umfassend informiert und neugierig macht auf mehr (Meer?). Oder wie Prof. Astrokatz resümiert: „Es gibt noch so viel mehr zu entdecken und zu lernen. Hoffentlich war das hier erst der Anfang deiner ganz eigenen Erkundungsreise in die Tiefsee. Und nicht vergessen: Die weite Welt des Wissens wartet auf Dich!“
Sigrun Putjenter
(Der Verlag bietet eine Leseprobe auf seiner Website an.)

